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P 1313 – Bimodales Zähigkeitsverhalten von höchstzähen Rohrleitungsstählen – skalenübergreifende Ursachenanalyse und angepasste Bewertungskonzepte

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ISBN: 978-3-96780-027-2 Artikelnummer: 83af06d85461 Kategorien: ,

Beschreibung

P 1313 – Bimodales Zähigkeitsverhalten von höchstzähen Rohrleitungsstählen – skalenübergreifende Ursachenanalyse und angepasste Bewertungskonzepte

Bereits seit vielen Jahrzehnten erfolgt der Transport von fossilen Brennstoffen durch kilometerlange Pipelines. Auch in Zukunft ist der Bedarf eines zuverlässigen Rohrleitungstransportnetzes unabdingbar, um neben fossilen Brennstoffen auch Wasserstoff als Energieträger den Endverbrauchern zur  Verfügung zu stellen. Die zum Um- und Ausbau des Versorgungsnetzes benötigten Rohrleitungsstähle wurden in den letzten ahren durch starke Anstrengungen der Stahl- und Pipelineindustrie kontinuierlich verbessert. Aufgrund von thermo-mechanischen Walzstrategien und einer Erhöhung des Reinheitsgrades der Stähle konnten schädigungstolerante Mikrostrukturen entwickelt werden, welche zu einer Steigerung von Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften führte. Diese exzellenten Werkstoffeigenschaftsprofile bieten großes ressourcenschonendes Leichtbaupotential für zukünftige Anwendungen. Allerdings treten in diesen modernen Pipelinestählen bisher nicht ausreichend erforschte Versagensphänomene bei der Zähigkeitsprüfung auf. Dazu zählt das inverse Bruchverhalten, die Bruchflächenaufreißungen oder das gestauchte bzw. überlappende Übergangsverhalten. Letzteres ist charakterisiert durch eine Überschneidung der Tieflagen- und Hochlagenäste über einen 10-30°C umfassenden Temperaturbereich im Kerbschlagarbeits-Temperatur-Schaubild, was wiederum zu Unsicherheiten in der Bauteilauslegung und damit verbundenen Einsatzhemmungen führt. Im Rahmen dieses Projektes wurde dahingehend ein bainitischer Pipelinewerkstoff der Güte X65, welche ein überlappendes Zähigkeitsverhalten aufweist, umfangreich charakterisiert. Titannitride (TiN) und Kalziumsulfide (CaS) wurden als rissinitiierende Gefügebestandteile sowohl für sprödes als auch duktiles  Werkstoffversagen identifiziert. Anhand von Mikrostruktursimulationen konnte nachgewiesen werden, dass je nach Position, Größe und Verkippung des Einschlusses die lokalen Spannungs- und Dehnungskonzentrationen im Gefüge stark variieren. Die höchste Spannungskonzentration konnte bei einem 6µm großen TiN-Einschluss mit 45° Verkippung nachgewiesen werden. Die Entwicklung einer skalenübergreifenden Simulationsmethodik ermöglichte es anschließend, den Einfluss unterschiedlicher Einschlusskonfigurationen auf das Werkstoff- und Bauteilverhalten zu bewerten. Die in der Simulation von repräsentative Volumenelemente (RVE) abgeleiteten, mikrostrukturbezogenen Parametersätzen wurden im makroskopischen Schädigungsmodell genutzt, um das Werkstoffverhalten im Kerbschlagbiegeversuch abzubilden. Anhand dieser Methodik konnte das gestauchte Übergangsverhalten numerisch beschrieben und das Modell auf Rohrleitungsanwendungen übertragen werden. In den Bauteilsimulationen tritt im Pipelinerohr abhängig vom gewählten mikrostrukturbasierten Parametersatz sprödes oder duktiles Bauteilversagen auf. Ein Gefüge mit kritischem Einschluss führt zu sprödem Bauteilversagen und einer höheren Rissausbreitungsgeschwindigkeit, während ein Gefüge ohne kritischen Einschluss duktiles Bauteilversagen hervorruft.
Der entwickelte skalenübergreifende Simulationsansatz zur mikrostrukturbasierten Bauteilbewertung kann zukünftig auf weitere Werkstoffkonzepte und Anwendungsgebiete übertragen werden. Dies ermöglicht es einerseits unterstützend bei der Aufklärung materialphysikalischer Phänomene  mitzuwirken und andererseits integratives Werkstoff- und Bauteildesign für ressourcenschonenden Leichtbau zu beflügeln.

Veröffentlichung:
2021

Autoren:
Prof. Dr.-Ing. S. Münstermann, M.Sc. Y. Sparrer