Beschreibung
Bei der Bemessung von Tragwerken im Bauwesen geht man von der Grenzbelastung unter max. möglichen Beanspruchungen aus. Hinsichtlich der einzusetzenden Einwirkungen, z.B. durch Wetterereignisse, wird mit bestimmten Normgrößen gerechnet. Die hierbei anzusetzende maßgebende Windbelastung bezieht sich z.Zt. noch auf elastisches Tragverhalten. Moderne Vorschriften erlauben jedoch die Bemessung am plastizierten System, was eine Umlagerung der inneren Kräfte gegenüber der elastischen Berechnung zur Folge hat. Für die plastische Bemessung ist aus den aktuellen Normen keine bemessungsrelevante Windbelastung zu entnehmen. Hier setzt das Forschungsziel des Vorhabens an:
Durch Untersuchungen insbesondere des Zusammenwirkens zwischen dem Zeitverlauf der Windeinwirkungen und den elastisch-plastischen Bauwerksreaktionen von Hallenbauten üblicher Abmessungen waren wirklichkeitsgetreue Versagensgrenzen zu ermitteln, um die Genauigkeit der Bemessung zu verbessern. In einem Windkanal wurden an Modellen von Hallenbauwerken die Zeitverläufe der Winddruckverteilungen, luv-, lee- und dachseitig ermittelt. Hieraus wurden in Zeitschrittberechnungen die statischen und dynamischen Reaktionen eines Hallenrahmens bis zum Versagen bestimmt. Als Versagenskriterien wurden übermäßige seitliche Verformungen oder Werkstoffermüdung durch wiederholte plastische Verformungen angesetzt.
Die Ergebnisse zeigen, daß die bisherigen Bemessungen auf der sicheren Seite liegen, wenn man nur mit den Windlastannahmen (vgl. EUROCODE 1 – Teil 2.4) rechnet. Die Beanspruchungsumlagerungen in den Stahltragwerken bilden eine Traglastreserve von bis zu 9 %. Geht man allerdings von den Kombinationsfaktoren für Wind plus Schnee aus, dann ist die Traglastreserve durch Verringerung der Lastannahmen noch höher, und damit eine Normenänderung (EUROCODE 1 – Teil 2.3 Schnee / 2.4 Wind) angezeigt. Es wurde außerdem nachgewiesen, daß keine Erhöhung der Sicherheitsfaktoren wegen angeblich zu geringer Reserven in leichten Stahlbauten erforderlich ist. Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit einer Auswertung von Daten des Deutschen Wetterdienstes über die Wahrscheinlichkeit des Zusammenwirkens von Schnee und Wind für einige wenige Standorte und Beispiele ergab, daß stets mit zu hohen Kombinationsbeiwerten gerechnet worden war. Derzeit laufende, weiterführende Untersuchungen sollen die Allgemeingültigkeit dieser Feststellungen beantworten. Eine Anpassung der Berechnung an die realen Einwirkungen der Lastkombinationen wird zu wirtschaftlicheren Tragwerkskonstruktionen führen.
STUDIENGESELLSCHAFT STAHLANWENDUNG e.V.
Veröffentlichung:
1999
Autoren:
Prof. Dr.-lng. G. Sedlacek, Dr.-Ing. W. Zillinger, Dipl.-Ing. O. Krau