Beschreibung
P 853 – Entwicklung eines anwenderorientierten Versagensmodells für die Blechumformsimulation höchstfester
Aufgrund steigender Anforderungen hinsichtlich der Reduktion der CO2-Emission und der Insassensicherheit werden hoch- und höchstfeste Stähle wie beispielsweise Dual- oder Komplexphasenstähle kontinuierlich weiterentwickelt. Das Umform- und Versagensverhalten dieser Stähle weist deutliche Unterschiede zu den konventionellen Stahlsorten auf. Dies liegt an der komplexen Mikrostruktur dieser modernen Werkstoffe.
Insbesondere bei dem Aspekt der Versagensvorhersage zeigen sich die Schwächen konventioneller Methoden zur Beurteilung der Bauteilherstellbarkeit. Sowohl das Grenzformänderungsdiagramm (GFD) als auch die Schädigungskriterien, welche nur die Energie akkumulieren ohne den Spannungszustand sonst zu beeinflussen, können den Ort und den Zeitpunkt des Versagens nicht zuverlässig bestimmen. Aufgrund dieses Defizits in der Prozessauslegung wird trotz des großen Potenzials dieser Werkstoffe deren Einsatz verzögertbzw. verhindert.
Als Zielsetzung in diesem Forschungsvorhaben erfolgte daher die Weiterentwicklung des kontinuumsmechanischen Schädigungsmodells nach Lemaitre für die Blechumformung, um die beschriebenen Effekte auf Basis numerischer Analysen realitätsnah abbilden zuStahlwerkstoffekönnen. Neben der Bestimmung der Werkstoffschädigung ist hiermit die Berücksichtigung der Blechanisotropie und des Bauschinger-Effekts möglich. Ferner kann der Einfluss der Schädigungsentwicklung auf den aktuellen Spannungszustand berücksichtigt werden. Durch die Erfassung einer sogenannten Porenschliessung („Crack Closure“) konnte eine Verbesserung der Versagensvorhersage bei negativen Mehrachsigkeiten erreicht werden.
Für die Bestimmung der Modellparameter wurden im Rahmen dieser Arbeit Zug- und ebene Torsionsversuche verwendet. Letztere werden zur Ermittlung der Fließkurve eingesetzt, weil dabei höhere Umformgrade erreicht werden können. Für die Anpassung der Schädigungsparameter wurde die Probengeometrie verändert.
Anhand geeigneter Testbauteilen konnte für mehrere Werkstoffgüten nicht nur das Modell validiert werden, sondern auch dessen Leistungsfähigkeit gegenüber Standardverfahren wie dem GFD für die Blechumformsimulation hochfester Stähle gezeigt werden. Da neben der erreichbaren Genauigkeit der Aufwand zur Bestimmung der Werkstoffparameter ein wesentliches Kriterium für den Einsatz eines Modells ist, konnte in diesem Projekt eine praxistaugliche Vorgehensweise zur Identifikation der Schädigungsparameter sowie zur optimalen Implementierung des Modells unter Berücksichtigung der Rechenzeiten, Modellierungsstrategie, Genauigkeit und Robustheit der FEM-Berechnung entwickelt werden. Dies wurde anschließend einem breiten Benutzerkreis kommerzieller FE-Software zur Verfügung gestellt, so dass die praktische Anwendung der Entwicklungen sichergestellt ist.
Das Forschungsvorhaben wurde am Institut für Umformtechnik und Leichtbau der Technischen Universität Dortmund, mit fachlicher Begleitung und mit finanzieller Förderung durch die Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V., Düsseldorf, aus Mitteln der Stiftung Stahlanwendungsforschung, Essen, durchgeführt.
Autoren:
A. E. Tekkaya, C. Soyarslan, K. Isik, M. Doig
Veröffentlichung:
2014