Beschreibung
P 858 – Schweißen dicker Bleche unter Baustellenbedingungen – Beurteilung des Einflusses auf das Tragverhalten von Montagestößen
Beim Aufbau großer Stahlstrukturen im Brücken- oder Stahlhochbau wird heute vermehrt auf modulare Fabrikfertigung
gesetzt. Ein Fügen dieser Module auf der Baustelle zu einer Gesamtstruktur ist aber weiterhin notwendig. Als Fügeverfahren wird hier häufig das MAG-Mehrlagenschweißen eingesetzt. Gerade an dicken Blechen stellen Baustellenschweißungen nicht nur besondere Anforderungen an den ausführenden Betrieb, die Bauleitung und Bauüberwachung, sondern auch an den Konstrukteur. Wichtig für den Konstrukteur ist die Kenntnis der sich durch Schweißungen einstellenden Schrumpfung der Bauteile, der auftretenden Verzüge und Eigenspannungen. Gerade bei Baustellenschweißungen müssen diese Aspekte in der Konstruktionsphase der Einzelkomponenten mit berücksichtigt werden, um die erforderlichen Toleranzen bei der Montage einzuhalten. Eine genaue Kenntnis der durch Schweißungen verursachten Phänomene ist in den Konstruktions- und Montagebetrieben oft nur aus mehrjährigen Erfahrungen vorhanden. Ein grundlegendes, vollständiges Bild der Abläufe beim Schweißen auf der Baustelle, das es ermöglicht, dieses Wissen auf neue Konstruktionen zu übertragen, fehlt bisher. Insbesondere für die immer öfter im Brücken- und Stahlhochbau eingesetzten höherfesten Feinkornbaustähle (z.B. S460) ist die Kenntnis des Verhaltens bei Baustellenschweißungen notwendig.
Hier setzt der Forschungsantrag an. Mit Hilfe der Schweißsimulation können die Auswirkungen von Schweißnähten, wie die Entstehung von Verzügen und Eigenspannungen am Bauteil, global dargestellt werden. Eine anschließende Struktursimulationen (Festigkeits- und Seifigkeitsberechnungen) mit aus der Schweißsimulation integrierten Ergebnissen bildet die Basis für ergänzende Untersuchungen.
Montagestöße sind außerdem durch Verschmutzung und Witterung negativ beeinflusst. Die Montage kann beispielsweise bei niedrigen Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts durchgeführt werden müssen. Diese Situation wurde in einer Klimakammer simuliert und die Auswirkungen der Umgebungstemperatur bei der Montage auf das Tragverhalten der Verbindung untersucht. Für die im Rahmen des Vorhabens untersuchten Fälle ist kein Einfluss variierender Umgebungstemperaturen bis -10 °C auf die resultierenden Schweißeigenspannungen festzustellen. Der Vergleich von Verzug und Eigenspannung gegenüber normativ vorgegeben Toleranzwerten sowie vereinfachten Ingenieurmodellen für die Approximation des Eigenspannungsverlaufs zeigt große Defizite. Bei realitätsnaher Implementierung der Eigenspannungen in die Traglastberechnung können z.T. große Reserven im Rahmen der nichtlinearen Traglastberechnung ausgenutzt werden.
Das IGF-Vorhaben 16937 BG der FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V., Düsseldorf, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Das Vorhaben wurde am Institut für Füge- und Schweißtechnik, der Technischen Universität Braunschweig und am Lehrstuhl für Stahl- und Holzbau, der BTU Cottbus-Senftenberg durchgeführt.
Autoren:
N. Pagel, J. Kassel, H. Pasternak, B. Launert, T. Krausche
Veröffentlichung:
2015