Beschreibung
P 866 – Chancen für den Stahlbau im Hochregallagerbau durch Optimierung der Konstruktion und den Einsatz höherfester Stähle
Hochregallager werden üblicherweise mit Hilfe von dünnwandigen, kaltgeformten und nicht genormten Stahlprofilen der Stahlsorte S350GD+Z erstellt. Ab einer Bauhöhe von 20 Metern ist es sinnvoll, Hochregallager in Silobauweise zu errichten. Bei der Silobauweise wird die raumabschließende Dach- und Wandverkleidung von der Regalkonstruktion getragen. Aufgrund des Aufschwungs in der Logistikindustrie und der allgemeinen Flächenknappheit, werden Hochregallager inzwischen bis zu 50 Metern Höhe gebaut. Mit der rasanten Höhenentwicklung stößt die erzeitige Konstruktionspraxis an ihre statisch-konstruktiven Grenzen. Zudem können derartige Konstruktionen aufgrund der komplexen Profilausbildung nicht direkt mit den Regelungen der DIN EN 1993-1-3 bemessen werden.
Ziel des Forschungsvorhabens war es daher, die Tragtolerantkonstruktion von Hochregallagern in Silobauweise zu analysieren, zu optimieren und die Einsatzmöglichkeiten höherfester Stähle zu beurteilen. Dazu wurden sowohl die Gesamtkonstruktion des Hochregalsilos als auch einzelne Bauteile und Anschlusskonstruktionen untersucht. Im Detail wurden statisch-konstruktive Analysen typischer Hochregalsilos durchgeführt, aus deren Erkenntnissen Optimierungsparameter der Tragkonstruktion erarbeitet werden konnten. Umfangreiche experimentelle Untersuchungen zum Tragverhalten von druckbeanspruchten Stützenprofilen und Palettenträgern unter konstanter Momentenbeanspruchung ermöglichten es, für diese Querschnitte Bemessungskonzepte in Anlehnung an DIN EN 1993-1-3 zu entwerfen. Es wurden zudem Palettenträgerversuche mit einer realitätsnahen Lasteinleitung über die Paletten durchgeführt, die zeigten, dass die Palette das Biegedrillknicken des Trägers behindert und damit die Traglast der Palettenträger erhöht. Es zeigte sich jedoch, dass diese Traglasterhöhung entscheidend von der Oberflächenbeschaffenheit der Paletten abhängig ist.
Zur Analyse des Tragverhaltens der Anschlüsse „Riegel-Stütze“ und „Diagonale-Stütze“ wurden ebenfalls experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Dabei haben die Versuche am Anschluss „Riegel- Stütze“ gezeigt, dass mit der Auswertungsmethode gemäß DIN EN 15512 konservative Ergebnisse erzielt werden. Daher wurde eine Empfehlung für eine alternative Auswertungsmethode gegeben, mit der höhere Anschlusssteifigkeiten bei reduziertem Bemessungsmoment erzielt werden können.
Um die Einsatzmöglichkeit höherfester Stähle beurteilen zu können, wurden vergleichende Versuche mit der üblicherweise im Hochregallagerbau eingesetzten Stahlsorte S350GD+Z und den Stahlsorten HX460LAD und HX500LAD durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass der Einsatz höherfester Stähle in bestimmten Fällen zur Optimierung von Tragsystem und Wirtschaftlichkeit der Konstruktion beitragen kann.
Das IGF-Vorhaben 16998 N der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V., Düsseldorf, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrundeines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Das Vorhaben wurde an der Technischen Universität Dortmund, Lehrstuhl Stahlbau durchgeführt.
Autoren:
D. Ungermann, M. Schulze Bertelsbeck
Veröffentlichung:
2016