Beschreibung
P 1278 – Verbesserung des Einsatzverhaltens von Werkzeugen der Warmformgebung durch nitriergerechte Auswahl von Warmarbeitsstählen
Im Projekt Verbesserung des Einsatzverhaltens von Werkzeugen der Warmformgebung durch nitriergerechte Auswahl von Warmarbeitsstählen wurde das Verhalten von Werkstoffen in unterschiedlichen Labortests und Anwendungstests nachgewiesen. Zunächst wurde für die Arbeiten eine Werkstoffauswahl getroffen. In statischen Temperversuchen wurden die Werkstoffe bei 780 °C über eine Zeitdauer von 20 Minuten getempert um anschließend das Oxidations- und Rissverhalten infolge der thermischen Belastung zu bewerten. Hierfür wurden mikroskopische Aufnahmen der Oberflächen sowie Querschliffpräparationen zur Bewertung angefertigt. Nach den Untersuchungen wurde eine Werkstoffauswahl für die weiteren dynamischen Temperversuche qualifiziert. In der Testumgebung wurde eine zyklische thermische Belastung ohne wesentlichen Eintrag an Kraft auf die Proben ausgeübt. Die Versuchsanordung stellt die zyklische Wechselbelastung ähnlich der Warmformgebung nach. Die hohen thermischen Belastungen führen zu einer isolierten thermischen Belastungssituation, die zu einem Riss- und Oxidationsverhalten der Oberflächen führt.
Nach Bewertung der statischen und dynamischen Temperergebnisse (Riss- und Oxidationsverhalten sowie Beständigkeit der Nitrierzone) wurden einige Stahlwerkstoffe als potentiell geeignet identifiziert und in vollautomatisierten Serienschmiedeversuchen weiter untersucht. Hierbei wurde das obere Gesenk aus dem zu untersuchenden Werkstoff gefertigt und entsprechend nitriert. Umgeformt wurden zylindrische Rohteile (? 30 mm x 40 mm) aus dem Werkstoff 1.7225 (42CrMo4) bei 1.150 °C bzw. 1.250 °C im Dauerbetrieb (500 bzw. 1.000 Schmiedeteile pro zu untersuchendem Gesenk). Während die eher grundlagenorientierten und belastungsisolierten statischen und dynamischen Temperversuche eine geringe Praxisnähe aufweisen, wird diese in den Serienschmiedeversuchen gesteigert. Dabei tritt jedoch ein komplexes Belastungskollektiv aus thermischen, mechanischen, chemischen und tribologischen Belastungen auf, das eine rein isolierte Betrachtung nicht mehr erlaubt. In den Schmiedeversuchen können industrielle Produktionsprozesse im Labormaßstab unter reproduzierbaren Bedingungen nachgebildet werden. Wesentliche Produktionsparameter wie Taktzeit oder Rohteiltemperatur können individuell vorgegeben werden. Durch diese Serienschmiedeversuche konnte ein erster Eindruck des zu erwartenden Werkstoffverhaltens bei verschiedenen Nitrierungen in realen Produktionsprozessen gewonnen werden.
Durch die Versuchsreihen in Kombination mit den statischen Versuchen konnte eine weitere Eingrenzung an Werkstoffen vorgenommen werden. Untersuchungen zu den Eigenspannungen des Werkstoffs 1.2343 wurden parallel durchgeführt, um das Rissverhalten an der Oberfläche ursächlich verstärkt durch die Nitrierung besser zu verstehen. Bislang war bekannt, dass Druckeigenspannungen durch die Nitrierung in der Randzone eingebracht werden. Dies steht nicht im Einklang mit den Beobachtungen der verstärkten Rissneigung nitrierter Werkstoffe. Eigenspannungsmessungen wurden an nitrierten und nicht nitrierten Proben als auch mit und ohne Temperung durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen einen Einfluss der Behandlungsparameter auf die Werkstoffe. Der Nachweis von Zugspannungen an der Werkstoffoberfläche, welcher in Folge zu Rissen führt, konnte nicht abschließend beatwortet werden.
In Industrieversuchen konnten ausgewählte plasmanitrierte Werkstoffe mit dem Referenzwerkstoff 1.2367 verglichen werden. Die Versuche zeigen ein abweichendes Verschleißverhalten zum Referenzwerkstoff. Bei den neuen untersuchten Werkstoffen 1.8550, 1.2362 und 1.2363 konnte die Oberfläche zum Referenzwerkstoff gut konserviert werden. Jedoch traten vereinzelt Gesenkbrüche auf, die eine weitere Verwendung nicht zugelassen haben. Durch angepasste Gesenkkonstruktionen und Passungen könnten diese zukünftig vermieden werden.
Veröffentlichung:
2022
Autoren:
Prof. Dr. G. Bräuer, Prof. Dr.-Ing. B.-A. Behrens, Prof. Dr. K. Hiller