Beschreibung
P 1315 – Steuerung des Wärmeeintrages beim MSG Dickdrahtschweißen am Beispiel von Feinkornbaustählen
Das MSG-Dickdrahtschweißen mit Drahtdurchmessern bis d = 4,0 mm ist ein vielversprechendes Hochleistungsschweißverfahren, welches jedoch noch keine reproduzierbaren und wirtschaftlichen Verbindungsschweißungen langer Schweißnähte ermöglichte. Auch die Anwendbarkeit des ochleistungsschweißprozesses im Bereich temperatursensibler, hochfester Feinkornbaustähle war bisher unbekannt. Im durchgeführten Forschungsvorhaben wurde dazu das neuartige Schweißverfahren hinsichtlich der Eignung für die werkstoffgerechte Bearbeitung von Feinkornbaustählen im Dickblechbereich (t ? 10 mm) analysiert und validiert. Als Referenzwerkstoff für die Gruppe der hochfesten Feinkornbaustähle kam der Grundwerkstoff S690Q (1.8931) innerhalb der Verfahrensqualifizierung zum Einsatz.
In Vorversuchen erfolgte eine thermophysikalische Werkstoffcharakterisierung an einem Dilatometer, wodurch die kritischen Grenzbereiche der Abkühlzeiten t8/5 definiert und bestätigt wurden (5 s ? t8/5 ? 15 s). Innerhalb des Projektes wurden systematische Schweißversuche zur Analyse des Einflusses verschiedener Drahtdurchmesser auf das Schweißverhalten und das Schweißergebnis an der technischen Versuchsobergrenze beim MSG-Dickdrahtschweißen durchgeführt. Dazu wurden Massivdrähte des Typs G69 mit Durchmessern von d = 2,4; 3,0; 3,2 und 4,0 mm verwendet. Die Lösungsansätze zur Steuerung des Energieeintrages in den Grundwerkstoff zielten dabei auf eine Erweiterung der ermittelten technischen Versuchsgrenze im oberen eistungsbereich. So bewirkte eine vorgelagerte Drahterwärmung, welche durch die Erhöhung des Kontaktrohrabstandes (?s = 30 mm) erreicht wurde, eine Senkung des absoluten Schweißleistungsbedarfes um bis zu 20 %. Bei dem Massivdraht konnten somit Abschmelzleistungen von annähernd MR = 20 kg/h erreicht werden. Dies entsprach einer Steigerung der Abschmelzleistung um ca. 30 %. Weiterhin beeinflusste der Einsatz eines basischen Fülldrahtes mit einem Durchmesser von d = 3,0 mm wiederrum das Schweißverhalten positiv und lies dabei Abschmelzleistungen bis ca. MR = 30 kg/h zu. Eine separate Kaltdrahtzuführung während des Schweißprozesses in die Schmelze ermöglichte, die Abschmelzleistung des Dickdrahtprozesses um bis zu 60 % zu steigern. Mithilfe der gezielten Verfahrensanpassung waren alternativ deutlich verminderte Abkühlzeiten t8/5 realisierbar:
– Einsatz von Fülldraht – 35 %
– erhöhter Kontaktrohrabstand – 25 %
– Kaltdrahtzuführung – 10 %
Dies ermöglichte neben der direkten Steuerung des Energie- bzw. Wärmeeintrages in den Grundwerkstoff eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit durch eine Steigerung der Abschmelzleistung beim MSG-Dickdrahtschweißen. Bei der Verfahrenskombination von Fülldraht, erhöhtem Kontaktrohrabstand und Kaltdrahtzuführung wurden maximale Abschmelzleistungen im Projekt von ca. MR = 45 kg/h erreicht, was den derzeitigen Maximalwert des MSG-Dickdrahtschweißens darstellt. Die Impuls- und Wechselstromtechnologien wurden hinsichtlich einer Verringerung der Energieeinbringung für den MSG-Dickdrahtschweißprozess als nicht zielführend betrachtet.
Vergleichend zum UP-Schweißen wurden Potentiale des MSG-Dickdrahtschweißens in Bezug auf Schweißparameter und wirtschaftlichen Kenngrößen, sowie mechanischtechnologische Gütewerte an Verbindungsschweißungen von Feinkornbaustählen ermittelt. Hierbei wurden t = 20 mm dicke Bleche der Güte S690Q, unter Einsparung der Pulverkosten und des Pulverhandlings, in nur 70 % der Zeit und mit 60 % der Gesamtkosten des UP-Schweißverfahrens bei Verwendung des MSGDickdrahtschweißens qualitativ gleichwertig miteinander verschweißt. Zudem sind mittels MSG-Dickdrahtschweißen Verbindungsschweißungen bis t = 25 mm mit nur zwei Schweißraupen möglich. Aus der Verfahrensqualifizierung (Zugversuche, Härtemessungen, Kerbschlagversuche und Biegeprüfungen) ergab sich im betrachteten Fall keine negative Beeinträchtigung der mechanisch-technologischen Gütewerte des verwendeten hochfesten Feinkornbaustahls (S690Q) hinsichtlich der Abkühlzeiten t8/5 und der Bearbeitung mittels MSG-Dickdrahtschweißen. Es war reproduzierbar und wirtschaftlich möglich den Versagensort des geschweißten hochfesten Bauteils außerhalb der Schweißnaht sowie der Wärmeeinflusszone zu legen.
Veröffentlichung:
2021
Autoren:
Prof. Dr.-Ing. J. Hensel, Dr.-Ing. M. Kusch, Dr.-Ing. A. Hälsig, ]}, M. Sc. J. Kimme