Beschreibung
Höherfeste Stähle haben in den vergangenen 25 Jahren zunehmende Beachtung seitens der blechverarbeitenden Industrie gefunden. Besonders die Fahrzeugindustrie ist vor dem Hintergrund ihrer Bestrebungen, Gewicht einzusparen, am Einsatz höherfester Stähle interessiert. Gegenwärtig stehen mikrolegierte, phosphorlegierte und bake-hardening Stähle sowie Mehrphasenstähle mit unterschiedlichen Festigkeits- und Umformeigenschaften zur Auswahl. Nur durch den Einsatz optimierter Fügetechniken ist es möglich, die verbesserte Festigkeit der Werkstoffe auch in gefügten Strukturen in Form gesteigerter Festigkeit bzw. geringerer Blechdicke zu nutzen.
Widerstandspunktschweißverbindungen höherfester Stahlbleche nutzen den Vorteil höherer Fügeteilfestigkeiten nur unter quasistatischer Belastung. Unter schwingender Belastung, insbesondere in Kopfzugrichtung, kann die gegenüber weichen unlegierten Tiefziehblechen erhöhte Festigkeit höherfester Stähle nicht in gewünschtem Maße in erhöhte Festigkeiten der Punktschweißverbindungen umgesetzt werden.
Die mechanischen Fügeverfahren Clinchen und Stanzieten stellen mit ihren verschiedenen Verfahrensvarianten interessante Alternativen zum Widerstandspunktschweißen dar. Die Eignung verschiedener einstufiger nichtschneidender, einstufiger schneidender und mehrstufiger Clinchverfahren sowie des Stanznietens mit Halbhohlniet und mit Vollniet zum Fügen höherfester Stahlbleche wurden in diesem Forschungsprojekt untersucht. Als Versuchswerkstoffe wurden höherfeste Stahlblechwerkstoffe im Dickenbereich von 0,6 mm bis 2,5 mm ausgewählt. Dabei waren mikrolegierte, phosphorlegierte und bake-hardening Stähle sowie Dualphasenstähle mit Dehngrenzen von 195 MPa bis 544 MPa vertreten.
Die untersuchten Verfahren sind insgesamt gut zum Fügen der höherfesten Stahlbleche geeignet. Begrenzungen wurden in einigen Fällen durch limitierte Fügekräfte und die gewählten Werkzeugabmessungen beobachtet. Durch die Wahl geeigneter Parameter können aber alle untersuchten Werkstoffe geeignet gefügt werden. Unter quasistatischer Belastung stand die Festigkeit der mechanisch gefügten Verbindungen höherfester Stahlbleche in einem annähernd linearen Zusammenhang zu der Dehngrenze der Fügeteilwerkstoffe. Je nach Fügeverfahren und Blechdicke ergaben sich unterschiedliche Steigerungen der Verbindungsfestigkeit mit gesteigerter Fügeteilfestigkeit.
An punktgeschweißten und mechanisch gefügten, bauteilähnlichen H-Proben aus den Werkstoffen ZStE 180 BH, ZStE 420 und DP 500 wurden in Stufen Dauerschwingversuche durchgeführt. Die Stanznietverbindungen höherfester Stähle wiesen höhere Verbindungsfestigkeiten unter schwingender Belastung auf als vergleichbare Punktschweißverbindungen. Die Wöhlerlinien der Clinchverbindungen waren sehr flach und schnitten sich mit den Wöhlerlinien der Punktschweißverbindungen, d.h. bei niedrigen Lastamplituden besaßen die Clinchverbindungen eine größere Lebensdauer als die Punktschweiß verbindungen. Im Gegensatz zu den Punktschweißverbindungen kann das Potential höherfester Stähle mit Stanzniet- und Clinchverbindungen auch in erhöhte Verbindungsfestigkeiten unter Schwingbeanspruchung umgesetzt werden. Durch Versuche unter schlagartiger Belastung wurden Kenntnisse über die Tauglichkeit mechanisch gefügter Komponenten in crashgefährdeten Bereichen gewonnen. Mit zunehmender Fügeteilfestigkeit war eine verringerte Deformation der Prüfkörper zu verzeichnen. Die Deformation war unabhängig vom verwendeten Fügeverfahren.
An Clinchwerkzeugen von drei Anbietern wurden Standmengenversuche an weichen Tiefziehblechen und mikrolegierten höherfesten Stahlblechen durchgeführt. Die Standmengen der Werkzeuge waren gr ößer als 200.000 Fügepunkte. Signifikante Unterschiede zwischen dem Werkzeugverschleiß bei weichen und bei höherfesten Güten konnten trotz der erhöhten Fügekräfte beim Clinchen der höherfesten Stähle nicht nachgewiesen werden. Die Verbindungsfestigkeiten blieben über der Lebensdauer der Werkzeuge weitgehend konstant. Das Clinchen und das Stanznieten sind Alternativen zum Punktschweiß en höherfester Stahlbleche, die dazu beitragen , das Festigkeitspotential dieser Werkstoffe insbesondere in Form verbesserter Schwingfestigkeiten gefügter Baugruppen adäquat zu nutzen.
STUDIENGESELLSCHAFT STAHLANWENDUNG e .V.
Veröffentlichung:
2000
Autoren:
Prof. Dr.-lng. O. Hahn, Dr.-lng. A. Schulte, Dipl.-Ing. H. Herter, Dr.-lng. S. Göklü, Dipl.-Ing. T. Stegemann