Beschreibung
P 644 – Auslegung eines Prozessfensters für die Blechumformung höchstfester Vergütungsstähle bei erhöhten Temperaturen
Die Gewichtsreduzierung bei gleichzeitiger Einhaltung der steigenden Sicherheitsanforderungen ist ein zentrales Thema im Automobilbau. Dies führt zu den unterschiedlichsten Lösungsansätzen seitens der Automobil- und Zuliefererindustrie. In den vergangenen Jahren hat sich die Technologie des Presshärtens als gute Möglichkeit zur Herstellung von crashrelevanten Karosseriebauteilen gezeigt. Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Warmumformung und Härten, die simultan in einem Prozessschritt erfolgen.
Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Auslegung des Prozessfensters für die Blechumformung höchstfester Vergütungsstähle bei erhöhten Temperaturen“ war die Zielsetzung, einen Beitrag zum besseren Verständnis des Prozesses und zur robusteren Prozessauslegung zu leisten. Für die Untersuchungen wurde der Presshärtprozess in die vier Prozessschritte Austenitisieren, Transfer, Formgebung und Härten unterteilt. Das Prozessfenster für das Austenitisieren wurde im Hinblick auf eine obere und eine untere Grenze für die Austenitisierdauer untersucht. Es zeigte sich, dass der Werkstoff unabhängig von der Glühdauer ähnliche Härtewerte aufwies. Auch eine schnellere Aufheizgeschwindigkeit, die durch konduktive Probenerwärmung realisiert wurde, hatte keinen Einfluss auf die Härtewerte. Speziell zur Bestimmung der prozesstypischen Abkühlgeschwindigkeiten während des Härtens wurde ein Versuchsaufbau entwickelt, mit dem das Abkühlen durch beidseitigen metallischen Kontakt ermittelt werden kann. Die resultierenden Abkühlgeschwindigkeiten in Abhängigkeit vom Anpressdruck konnten so bestimmt werden. Diese Kontaktbedingung wurde zudem in Finite-Elemente-Simulationen abgebildet und der jeweils auftretende Wärmeübergangskoeffizient anhand eines Vergleichs zwischen den Ergebnissen aus Experiment und Finite-Elemente-Simulation detektiert.
Zur Aufnahme der thermo-mechanischen Kenngrößen des allgemein für das Presshärten verwendeten Stahls 22MnB5 (1.5528) wurden Warmzugversuche durchgeführt. Mit Hilfe der Universalprüfmaschine Gleeble, die mit einer konduktiven Erwärmungseinheit ausgestattet ist, konnte der für das Presshärten typische Zeit-Temperatur-Verlauf eingehalten werden. So wurde der Einfluss der Temperatur, Dehnrate, der Abkühlgeschwindigkeit und Charge bzw. Blechdicke ermittelt. Als Demonstratorbauteil wurde von der DaimlerChrysler AG das Werkzeug zum Abpressen einer B-Säule zur Verfügung gestellt. Der Einfluss des Niederhalterabstands und der Zuhaltezeit auf das Formgebungsergebnis wurde sowohl während der Abpressens als auch danach anhand von Thermographieaufnahmen, Härte- und Blechdickenmessungen bestimmt. Mit den zuvor in den experimentell ermittelten Prozess- und Werkstoffdaten wurde das Demonstratorbauteil mit der Finite-Elemente-Software LS Dyna modelliert. Die Versagensorte des Bauteils und die Temperaturverteilung konnten damit gut wiedergeben werden.
Autoren:
M. Geiger, M. Merklein, C. Hoff, K. Roll, D. Lorenz
Veröffentlichung:
2006