Beschreibung
P 942 – Entwicklung intelligenter Werkstoffe zur Verschleißreduzierung bei Schmiedegesenken
Die Standmenge von Werkzeugen der Warmmassivumformung wird durch verschiedene, aus der komplexen zyklischen Beanspruchung resultierende Schädigungen begrenzt. Insbesondere die Werkzeugrandzone erfährt im Betrieb erhebliche thermische, mechanische, tribologische und chemische Beanspruchungen. Das sich dabei einstellende Belastungskollektiv führt im Vergleich zu anderen Fertigungsverfahren bereits nach kurzen Standmengen zum Ausfall der Werkzeuge. Die Hauptausfallursache ist der Verschleiß der formgebenden Werkzeugkomponente. Methoden zur Verschleißreduzierung bei Warmumformwerkzeugen sind daher Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten. Auch wenn bereits deutliche Verbesserungen in den Standmengen von Warmumformwerkzeugen durch Maßnahmen wie z. B. die Erzeugung hoher Randschichthärten durch Nitrieren und/oder das Aufbringen von Hartstoffschichten erzielt wurden, existiert bisher kein zufriedenstellendes Kosten-Nutzen- Verhältnis. Bisherige Maßnahmen zur Verschleißreduzierung gehen überwiegend mit hohen Investitionsund Werkzeugkosten einher, so dass die dadurch erzielbare Steigerung der Standmenge nicht die Kosten der Verschleißschutzmaßnahmen deckt.
Eine einfache und kostengünstige Maßnahme zur Verschleißreduzierung von Werkzeugen der Warmmassivumformung wurde im Rahmen dieses Forschungsvorhabens untersucht. Dazu wurde ein neuartiger Warmarbeitsstahl entwickelt, bei dem sich die zusätzlichen Kosten auf die dafür benötigten Legierungselemente beschränken. Die Legierungsentwicklung erfolgte auf Basis des Warmarbeitsstahls 32CrMoV12-28 (Werkstoff-Nr. 1.2365) mit variierenden Anteilen der Austenit stabilisierenden Elemente Mangan, Nickel und Kobalt, mit dem Ziel die erkstoffspezifische Austenitstarttemperatur abzusenken und eine gezielte Beeinflussung der Gefügeveränderungen in der Werkzeugrandzone hervorzurufen. Durch diese intelligente Reaktion des Werkstoffs auf die im Prozess vorherrschenden thermomechanischen Umgebungsbedingungen sollte ein verstärkter Neuhärteeffekt erreicht werden, der über viele Schmiedezyklen erhalten bleibt und somit für einen fortwährenden Verschleißschutz sorgt.
In den Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass eine Absenkung der Austenitstarttemperatur durch legierungstechnische Maßnahmen zu einer erstärkung der Neuhärtung beitragen kann, wenn die thermomechanischen Beanspruchungen ein Austenitisieren der Werkzeugrandschicht veranlassen. An thermomechanisch hoch belasteten Bereichen führen das Überschreiten der Austenitstarttemperatur und das anschließende Abschrecken des Werkstoffs zur Ausbildung einer Neuhärtezone. An erkzeugbereichen, an denen aufgrund unzureichender thermomechanischer Beanspruchung das Gefüge nicht umgewandelt und neugehärtet wird, bilden sich hingegen Anlasszonen mit verminderter Härte aus, welche den Verschleiß am Werkzeug fördern und die Werkzeugstandmenge verringern. Das Potential des neuartigen Warmarbeitsstahls kann daher nur in bstimmung mit den Schmiedeparametern und der Kenntnis über den Beanspruchungszustand am Werkzeug voll ausgeschöpft werden. Als vorteilhaft in den Untersuchungen erwies sich eine Kombination des neuartigen Warmarbeitsstahls mit zusätzlicher Nitrierbehandlung. Diese führte zu einer Erhöhung der Verschleißbeständigkeit der nicht neugehärteten Bereiche, sodass insgesamt eine Steigerung der Werkzeugstandmenge erzielt werden konnte.
Das IGF-Vorhaben 445 ZN der FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V., Düsseldorf, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Das Vorhaben wurde vom Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen, der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover und vom Institut für Werkstoffkunde, der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover durchgeführt.
Veröffentlichung:
2016
Autoren:
B.-A. Behrens, J. Puppa, H.-J. Maier, F. Nürnberger